Pflichtteil – die Aushöhlung eines historischen Schutzinstrumentes
Das Pflichtteilsrecht ist im österreichischen Recht seit jeher als Ausgleich für nahe Verwandte – das sind die Kinder sowie der Ehegatte oder eingetragene Partner – des Erblassers gedacht. Sie sollen erben, unabhängig davon, ob dies der Erblasser will oder nicht. Sie dürfen ein Stück vom Kuchen haben; vielleicht hat ihnen der Erblasser dies auch ein Leben lang vorenthalten.
Vor allem für die Kinder des Verstorbenen kann der Pflichtteil eine Genugtuung sein für das schlechte familiäre Verhältnis, zu wenig Anerkennung und menschliche Zurückweisung durch den Verstorbenen.
Nach altem Recht konnte der Erblasser den Pflichtteil auf die Hälfte mindern, wenn zu keiner Zeit ein Naheverhältnis zwischen dem Kind und dem Erblasser bestand. Der neue § 773a ABGB erlaubt dem Erblasser nunmehr, den Pflichtteil schon dann zu kürzen, wenn zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Erblassers kein Kontakt mehr bestand. Dies geht eindeutig zu Lasten der Pflichtteilsberechtigten.
Zu Lasten der Pflichtteilsberechtigten geht es auch, wenn der Erblasser testamentarisch die Zuwendung des Pflichtteils stundet. Es ist ihm möglich, anzuordnen, dass der Pflichtteil (maximal) fünf Jahre nach seinem Tod ausbezahlt wird. Noch bitterer ist es, wenn auch der Erbe dies veranlassen kann.
Will man sich einer solchen Kränkung nach dem Tod eines Elternteils nicht aussetzen, empfiehlt es sich, es sich mit dem Erblasser gut zu stellen und regelmäßig den Kontakt zu suchen. Mögliche vorweggenommene vertragliche Lösungen mit dem Erblasser vermeiden Streit und Unsicherheit nach dem Tod des Erblassers.
Ihre Rechtsanwältin berät Sie gerne und findet für Sie eine auf Sie und Ihre Verhältnisse abgestimmte Lösung.